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Whitepaper zum
Thema Dichtheits­prüfmethoden

Gibt es die Qual der Wahl überhaupt? Der Weg zur Auswahl des richtigen Verfahrens.

Grundsätzlich unterscheiden sich die Methoden moderner Dichtheitsprüfungen in solche, die mit Luft als Prüfmedium arbeiten, und solche, bei denen Gase eingesetzt werden.

Nach wie vor gebräuchlich sind auch Prüfungen im Wasserbad. Man könnte nun also annehmen, jede Prüfmethode wäre universal anwendbar und der Kunde kann anhand der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten frei wählen. Wer jedoch aufmerksam unsere bewusst provokativ formulierte Unterüberschrift gelesen hat, kann bereits schlussfolgern, dass dies leider nicht der Fall ist.

An erster Stelle stehen nicht die aktuell verfügbaren Prüfverfahren, sondern die Ziele des Kunden sowie dessen festgelegte Qualitätsanforderungen. Folgende Fragen sind essenziell:

  • Was ist das Ziel der Prüfung? Soll es eine reine Dichtheitsprüfung sein oder soll auch eine Leckageortung oder ggf. zusätzlich eine Durchflussmessung an einer Öffnung des Bauteils vorgenommen werden?
  • Welches Prüfvolumen bringt das Bauteil mit sich?
  • Aus welchem Material besteht es und wie dickwandig ist das Bauteil als entscheidender Faktor für die Stabilität / Einbringung der Spannkräfte und Fließverhalten?
  • Welcher Prüfdruck ist der richtige und welche Taktzeit wird für den Prozess erwartet?
  • Wo liegt die vorgegebene Grenzleckage des Bauteils, also ab wann wird dieses als „dicht“ angesehen?


Wenn wir diese Fragen mit unseren Kunden besprochen haben, bleiben häufig nicht mehr viele Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. Es geht eher darum, den gewünschten Zielen und Rahmenbedingungen des Kunden gemeinsam Prioritäten zuzuordnen, damit wir abschließend die bestmögliche Variante festlegen können.

SCHAUBILD

Eine erste
ORIENTIERUNGS­MÖGLICHKEIT

Um dennoch einen groben Überblick zu ermöglichen, haben wir die verschiedenen Varianten mit einigen entscheidenden Kriterien grafisch zusammengefasst – wir möchten jedoch ausdrücklich davon abraten, das Schaubild als Handlungsleitfaden zu sehen, da zu viele verschiedene Faktoren in die Entscheidung einfließen.

Schaubild

DIE HINTERGRÜNDE IM
ENTSCHEIDUNGS­PROZESS

Erst wenn man sich die Funktionsweise der gängigen Luft- und Gasprüfverfahren sowie deren Vor- und Nachteile näher anschaut, erhält man einen Eindruck über die wichtigsten Kriterien im Entscheidungsprozess.

1. LUFTPRÜFUNG - DRUCKDIFFERENZVERFAHREN

Bei diesem Verfahren wird das Bauteil durch ein Druckdifferenzmessgerät mit dem erforderlichen Prüfdruck befüllt. Standardmäßig werden Prüfdrücke zwischen 0,2 bis 6 bar eingesetzt, bei Sonderanfertigungen sind jedoch auch Prüfdrücke bis 20 bar möglich. Über den Druckabfall nach einer bestimmten Zeit wird die Leckagerate ermittelt. Dabei kann das Verfahren in 5 Phasen eingeteilt werden:

Vorfüllen: Je nach Füllverhalten des Bauteils kann zur Stabilisierung der Messung ein Vorfüllen bei leicht erhöhtem Vorfülldruck erfolgen.

Füllen: Bauteil wird mit erforderlichem Prüfdruck beaufschlagt.

Abgleichen: Während der Füllphase entstehen Luftverwirbelungen und Temperaturunterschiede zwischen dem Prüfling und der Referenzkammer des Messgeräts. Ebenso können Schwankungen durch Temperaturübergänge der Abdichtelemente oder des Prüflings entstehen. Diese Einflüsse müssen in der Abgleichphase neutralisiert werden.

Messen: Während der Messphase wird die Druckänderung zwischen dem Prüfling und der Referenzkammer des Messgeräts ermittelt und als Leckage ausgewertet.

Entlüften: Im Anschluss an jede Messung wird das komplette Messsystem entlüftet. Dies erfolgt in Priorität über vorhandene Dichtzylinder oder alternativ über das Messgerät.

Ein Video für einen beispielhaften Prüfablauf finden Sie hier:

Vorteile

  • Schnelle und zuverlässige Prüfung von Bauteilen mit kleinen bis mittelgroßen Prüfvolumen
  • Prüfung von verschiedenen Räumen eines Bauteils möglich
  • Einfache Leckortung möglich
  • Kostengünstiges Verfahren

Nachteile

  • Empfindlich gegenüber Temperaturveränderungen
  • Messmethode durch Prüflingsvolumen begrenzt

2. LUFTPRÜFUNG - MASSENFLUSSVERFAHREN

Bei der Massenflussprüfung wird ein externes Volumen, welches abhängig vom erforderlichen Prüfdruck und dem Volumen des Prüflings ist, durch das Messgerät mit Druck beaufschlagt. Standardmäßig wird mit Prüfdrücken zwischen 0,1 und 2 bar gearbeitet. Anschließend wird das zu prüfende Bauteil durch das bereits gefüllte externe Volumen befüllt, sodass sich ein Druckausgleich im System einstellt.
Wie auch bei der Druckdifferenzprüfung müssen sich Verwirbelungen und Temperaturunterschiede vor der Messphase neutralisieren. Mögliche Leckagen am Bauteil sorgen dafür, dass Luft aus dem externen Volumen in das Bauteil nachströmt und somit vom Massenflusssensor erfasst wird. Anschließend findet auch bei diesem Verfahren eine Entlüftung statt.

Vorteile

  • Schnelle und zuverlässige Prüfung von Bauteilen mit mittelgroßen und großen Prüfvolumen
  • Prüfparameter durch die Auslegung aus dem Verhältnis Bauteilvolumen/externes Volumen beeinflussbar
  • Zeitersparnis durch Möglichkeit der taktzeitneutralen Befüllung des externen Volumens (z.B. während eines Bauteilwechsels)

Nachteile

  • Zusätzlicher Aufbau von externem Volumen nötig
  • Empfindlich gegenüber Temperaturveränderungen und Vibrationen am Aufstellort

3. Heliumprüfung - Schnüffelmethode

Vereinfacht erklärt werden bei der Heliumdichtheitsprüfung Atome ionisiert, mittels eines Massenspektrometers gezählt und als Leckage umgerechnet. Das Gerät wird dabei mit einem Referenzleck kalibriert und vergleicht Leckagen auf dieser Basis.
Wichtig bei der Schnüffelmethode ist die sogenannte Evakuierung des Bauteils vor der Befüllung. Dadurch wird sichergestellt, dass sich das Helium überall ausbreiten kann. Andernfalls würde zunächst nur Luft aus einer möglichen Leckage strömen, welche vom Helium-Detektor nicht erkannt werden kann. Anschließend wir das Bauteil mit Tracer Gas (Helium oder Formiergas) unter Druck gesetzt und Leckagen werden mithilfe eines „Schnüfflers“ lokalisiert und ausgewertet.
Dies kann sowohl manuell durch einen Werker erfolgen, aber auch vollautomatisiert von Robotern durchgeführt werden. Bereits bekannte kritische Stellen können konstruktiv abgedichtet werden, wodurch eine automatische Prüfung mehrerer Prüfstellen mit entsprechender Ventilschaltung möglich wird. Zu beachten ist, dass nach jeder Prüfung das Bauteil erneut evakuiert werden muss, um die Umgebung nicht zu kontaminieren.

Vorteile

  • Sehr kleine Leckagen nachweisbar
  • Direkte Aussage über Größe und Position der georteten Leckage
  • Geringer Temperatureinfluss auf das Messsystem

Nachteile

  • Keine Aussage über Gesamtleckage des Bauteils
  • Zu große Leckagen müssen im Vorfeld ausgeschlossen werden, um eine Kontamination im Prüfbereich zu verhindern
  • Größere Leckagen nur schwer messbar

4. Heliumprüfung - Akkumulationsmethode

Bei diesem Verfahren befindet sich das Bauteil in einer Akkumulationskammer, welche unter Atmosphärendruck steht. Auch bei der Akkumulationsmethode ist eine vorherige Evakuierung des Bauteils sehr wichtig, um verlässliche Messergebnisse zu erhalten. Zu Beginn wird das Bauteil mit Prüfdruck beaufschlagt, sodass anschließend der Konzentrationsanstieg des Testgases in der Kammer gemessen und als Gesamtleckage ausgewertet werden kann. Bevor das Bauteil entnommen werden kann, muss auch hier eine Evakuierung stattfinden, um die Umgebung nicht mit Gas zu kontaminieren.

Vorteile

  • Sehr kleine Leckagen nachweisbar
  • Direkte Aussage über Gesamtleckage des Bauteils
  • Geringer Temperatureinfluss auf das Messsystem

Nachteile

  • Keine Lecklokalisierung möglich
  • Zu große Leckagen müssen im Vorfeld ausgeschlossen werden, um eine Kontamination im Prüfbereich zu verhindern
  • Größere Leckagen nur schwer messbar

5. Heliumprüfung - Vakuummethode

Bei der Vakuummethode wird das Bauteil nach der Evakuierung mit dem Prüfgas befüllt und in einer Vakuumkammer geprüft. Durch das an der Kammer angeschlossene Massenspektrometer werden austretende Leckagen in kürzester Zeit gemessen.

Vorteile

  • Sehr genaue Prüfung möglich dank hoher Empfindlichkeit
  • Geringe Taktzeiten
  • Gut geeignet auch für komplexe Bauteile
  • Gleichbleibende Bedingungen in der Vakuumkammer

Nachteile

  • Keine Lecklokalisierung möglich
  • Zusätzliche Kosten durch Vakuumsystem

Gängige
SONDERPRÜF­VERFAHREN

Andere Prüfziele, andere Verfahren.
Neben den klassischen Dichtheitsprüfverfahren mit Luft und Gas gibt es noch weitere Verfahren in der Qualitätssicherung.

1. LECKLOKALISIERUNG MITTELS TAUCHBECKEN

Mit Fokus auf die Ortung von Leckagen stehen zwei Verfahren zur Verfügung: Die bereits vorgestellte Helium-Schnüffelmethode sowie die sogenannte Werker-Wasserbad-Prüfung. Diese zählt zwar zu den ältesten Prüfverfahren in der Geschichte der Dichtheitsprüfung, erfreut sich jedoch nach wie vor großer Beliebtheit.
Der Ablauf ist relativ unkompliziert: Das Bauteil wird auf eine Abdichtvorrichtung gespannt, mit dem erforderlichen Prüfdruck gefüllt und in ein Wasserbecken abgelassen. Anschließend können anhand der aufsteigenden Bläschen Leckagen eindeutig lokalisiert werden.

Vorteile

  • Undichtigkeiten sind schnell erkennbar
  • Die Position / der Bereich der Leckage ist eindeutig bestimmbar
  • Der Werker muss nicht das komplette Bauteil per Hand absuchen wie bei der Helium-Schnüffelmethode

Nachteile

  • Je nach Bauteil wird ein sehr großes Becken mit viel Wasser benötigt
  • Das Wasser im Becken muss regelmäßig gepflegt werden
  • Die Bauteile müssen anschließend komplett getrocknet werden

2. DurchFlussprüfverfahren

Nicht nur die Dichtheit im Mittelpunkt: Im Bereich der Qualitätssicherung kommt es häufig nicht nur auf die Dichtheit der Bauteile an. Auch Durchflussprüfungen an verschiedenen Bauteilöffnungen werden insbesondere bei der Serienfertigung von Gussteilen immer wichtiger. Sind beispielsweise alle Bohrungen und Kanäle in Ordnung oder können abgebrochene Werkzeuge oder Kernbrüche festgestellt werden? In diesem Fall gibt es zwei gängige Verfahren, welche in Abhängigkeit von der Größe des Querschnitts der Bauteilöffnung angewendet werden können.

Staudruckprüfung

Bei diesem Verfahren wird das Bauteil mit Druck beaufschlagt, woraufhin sich im Bauteil ein Druck einstellt, welcher abhängig vom Durchströmen der Luft durch die Öffnung ist. Zur Justierung des Systems wird ein Bauteil benötigt, dessen Verschluss der zu prüfenden Öffnung (z.B. Bohrung, Kanal, etc.) bekannt ist. Über die Messung des Rückstaudrucks am Prüfadapter können anhand festgelegter Grenzen Rückschlüsse gezogen werden: Ist der Staudruck zu hoch, ist der Durchgang im Prüfling reduziert gegenüber dem Sollquerschnitt.

Flow-Prüfung

Bei der Flow-Prüfung wird Druckluft durch den zu prüfenden Kanal geleitet, wodurch sich ein Durchfluss innerhalb der Öffnung einstellt. Mittels eines zuvor bereits geprüften Bauteils wird die Soll-Durchflussmenge ermittelt und mit diesem Durchfluss verglichen. Dabei gibt es festgelegte Grenzen, ab wann der Durchfluss noch in Ordnung ist. Zur Justierung des Systems wird ein Bauteil benötigt, dessen Verschluss der zu prüfenden Öffnung (z.B. Bohrung, Kanal, etc.) bekannt ist. Dadurch können direkte Schlussfolgerungen gezogen werden: Ist der Durchfluss zu klein, ist der Durchgang im Prüfling reduziert gegenüber dem Sollquerschnitt.

Gerne können Sie dieses Kompendium über die Verfahren auch ganz einfach und unverbindlich als PDF downloaden.

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DEN PRÜFVERFAHREN?

Anhand dieser Kurzübersicht zu den gängigen Dichtheitsprüfverfahren wird die Komplexität der Thematik deutlich. Sollten Sie Unterstützung bei einer bevorstehenden Herausforderung benötigen oder weitere Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an.

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